Politik
Iran-Israel-Konflikt eskaliert mit Drohnenangriff und fragilem Zwölftagekrieg
Erneutes Feuer über dem Nahen Osten

Raketenabwehr über Tel Aviv im Juni 2025 (Quelle: Saman Hajibabaei )
GDN -
Am 7. September 2025 traf eine von den Huthis im Jemen gestartete Drohne die Eingangshalle des Flughafens Ramon nahe Eilat. Der Vorfall verursachte nur eine leichte Verletzung, führte jedoch zur mehrstündigen Aussetzung des Flugverkehrs, und der Luftraum über Südisrael wurde in Alarmbereitschaft versetzt. Der Angriff schien begrenzt, doch seine Bedeutung reichte weit über den unmittelbaren Schaden hinaus. Für Israel war eine Drohne, die Tausende Kilometer bis zu einem zivilen Flughafen zurücklegt, nicht nur ein taktisches Mittel, sondern ein Beweis für ein regionales Netzwerk, das Teheran über Jahrzehnte aufgebaut hat.
Die Huthis gehören wie die Hisbollah im Libanon sowie bewaffnete Gruppen im Gazastreifen und im Irak zu dem, was die Islamische Republik als Achse des Widerstands bezeichnet – ein Netz von Stellvertretern, dessen Hauptaufgabe die dauerhafte Bedrohung Israels ist. Nur drei Monate zuvor, im Juni 2025, hatte Israel erstmals direkt iranische militärische und nukleare Anlagen angegriffen. Teheran reagierte mit mehr als 550 ballistischen Raketen und über 1.000 Selbstmorddrohnen. Viele wurden von den israelischen Abwehrsystemen abgefangen, doch Dutzende schlugen ein und verursachten Opfer und Schäden. Diese Auseinandersetzung – später als Zwölftagekrieg bekannt – endete mit einem fragilen Waffenstillstand, der von den Vereinigten Staaten und Katar vermittelt wurde. Keine der beiden Seiten gestand eine Niederlage ein; beide beanspruchten Abschreckung und Stärke für sich.
Vom Schattenkrieg zur offenen Konfrontation
Der Huthi-Angriff auf den Flughafen Ramon machte deutlich, dass der Waffenstillstand nichts weiter als eine Pause war. Der zugrunde liegende Konflikt besteht in neuen Formen fort. Der Schattenkrieg aus Attentaten, Cyberangriffen und verdeckten Operationen ist einer offenen Konfrontation gewichen. Die erste direkte Auseinandersetzung im Juni bewies, dass frühere rote Linien nicht mehr existieren, und die Möglichkeit erneuter Kämpfe in noch größerem Ausmaß ist völlig real.Ideologische Wurzeln der Islamischen Republik
Die Revolution von 1979 in Iran beendete nicht nur die Monarchie und etablierte eine religiöse Republik, sondern definierte auch die Regionalpolitik neu – um absolute Feindschaft gegenüber Israel. Die neue Führung beseitigte rasch die israelische Präsenz, schloss die Botschaft und übergab das Gebäude an die Palästinensische Befreiungsorganisation. Straßen und Plätze wurden nach palästinensischen Kämpfern benannt, und die Staatsmedien wiederholten Tag und Nacht die Parolen von der Zerstörung Israels. Diese Maßnahmen wurden zu Grundpfeilern der Regimeidentität.
In der Rhetorik von Ayatollah Ruhollah Khomeini war Israel kein normaler Staat. Er bezeichnete es als „krebsgeschwulstartigen Tumor“, der ausgerottet werden müsse. Derselbe Ausdruck wurde über Jahrzehnte hinweg von Ali Khamenei und Kommandeuren der Revolutionsgarden wiederholt und verankerte die Feindschaft mit Israel als religiöse und revolutionäre Pflicht jenseits normaler Geopolitik. Das Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) wurde nicht nur zum Schutz Irans, sondern auch zur Exportation der Revolution und zur Unterstützung bewaffneter Bewegungen gegen Israel geschaffen. Milliarden US-Dollar flossen in den Aufbau der Hisbollah während des libanesischen Bürgerkriegs und machten sie zu einer der stärksten nichtstaatlichen Kräfte in der Region, die sich offen als Arm Irans im Kampf gegen Israel erklärte.
Im Gazastreifen erkannte Iran die Hamas und den Palästinensischen Islamischen Dschihad als Partner an, die die Existenz Israels ablehnen. Finanzielle Hilfe, Ausbildung und Raketentechnologie erweiterten ihre Kapazitäten – nicht, um Frieden zu sichern, sondern um einen endlosen Konflikt zu gewährleisten. Für Teile der schiitischen Ideologie nahe der Führung ist die Rückkehr des zwölften Imams mit einem großen Krieg gegen Israel verbunden. Dieser Glaube erhebt die Feindschaft von einer Strategie zu einem Schicksal und macht Krieg zu einer historischen Notwendigkeit.
Dieses Weltbild wurde institutionalisiert. Iranische Kinder lernen aus Schulbüchern, in denen Israel als absoluter Feind dargestellt wird. Das Staatsfernsehen sendet täglich antiisraelische Botschaften. Die Freitagsgebete enden mit dem Ruf „Tod für Israel“. Militärparaden zeigen Raketen, die mit den Namen israelischer Städte beschriftet sind. Diese dauerhafte Propaganda verankert den Hass als kulturelle Gewohnheit.
Dieses Weltbild wurde institutionalisiert. Iranische Kinder lernen aus Schulbüchern, in denen Israel als absoluter Feind dargestellt wird. Das Staatsfernsehen sendet täglich antiisraelische Botschaften. Die Freitagsgebete enden mit dem Ruf „Tod für Israel“. Militärparaden zeigen Raketen, die mit den Namen israelischer Städte beschriftet sind. Diese dauerhafte Propaganda verankert den Hass als kulturelle Gewohnheit.
Feindschaft dient auch innenpolitischen Zwecken. In Zeiten wirtschaftlicher Krise oder Proteste verstärkt das Regime die externe Bedrohung, um die öffentliche Meinung abzulenken. In der Praxis fungiert Israel als permanenter Feind – sowohl für die Mobilisierung im Inland als auch zur Rechtfertigung außenpolitischer Interventionen. Ein Abweichen von dieser Linie ist unmöglich, ohne die Legitimität des Regimes zu untergraben. Khamenei hat wiederholt erklärt, dass Israel nicht länger als 25 Jahre überleben werde – eine Aussage, die auf Plakaten und Wänden erscheint und Israels Zerstörung als strategisches Ziel markiert.
Regionale Stellvertreter als Machtinstrumente
Die Islamische Republik hat sich dadurch ausgezeichnet, Ideologie in operative Architektur zu verwandeln. Über vier Jahrzehnte hinweg entstand ein komplexes Netz bewaffneter Gruppen im Nahen Osten, offiziell als Achse des Widerstands bezeichnet. Dieses Netzwerk bildet das Rückgrat der iranischen Strategie, Druck auf Israel auszuüben und den regionalen Einfluss auszuweiten.Die Hisbollah im Libanon ist das bedeutendste Element dieses Netzes. Sie besitzt heute zehntausende Raketen, die ganz Israel erreichen können. Im Gazastreifen wurden Hamas und der Islamische Dschihad durch iranische Unterstützung gestärkt. Im Irak stützt sich Teheran auf Milizen innerhalb der Volksmobilisierungskräfte, die US-Stützpunkte angreifen und israelische Interessen bedrohen. In Syrien hat Iran Basen und Waffenrouten eingerichtet, um die Hisbollah zu versorgen. Im Jemen schließlich sind die Huthis zu einem neuen Arm geworden, der nicht nur Israel, sondern auch den globalen Handel im Roten Meer und durch den Suezkanal bedroht.
All diese Gruppen sind strukturell von Teheran abhängig und dienen als Werkzeuge des indirekten Krieges. Die Kosten dieses Ansatzes tragen jedoch die Gesellschaften vor Ort: Libanon steckt in einer tiefen Krise, Gaza in wiederkehrenden Kriegszyklen, Irak in politischer Lähmung, Syrien ist zum Schlachtfeld geworden und Jemen leidet unter einer der schlimmsten humanitären Katastrophen der Welt.
Der Zwölftagekrieg und seine geopolitischen Folgen
Am 13. Juni 2025 trat der Iran-Israel-Konflikt offen zutage. Israelische Präventivschläge gegen iranische Militär- und Nuklearanlagen lösten massive Vergeltungsangriffe Teherans aus. Innerhalb weniger Stunden startete Iran Hunderte ballistische Raketen und über 1.000 Drohnen. Zwar fing Israels mehrschichtiges Verteidigungssystem viele ab, doch mehrere schlugen ein und richteten Schaden an. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und Langstreckenraketen auf Stützpunkte der Revolutionsgarden in Isfahan, Hamadan und nahe Natanz.Zwölf Tage lang wurden Tausende in beiden Ländern verletzt, Hunderte getötet und kritische Infrastrukturen schwer gestört. Flughäfen in Israel wurden geschlossen, Teile Irans erlebten Strom- und Wasserausfälle. Parallel entbrannte ein Cyberkrieg. Unter internationalem Druck – die USA unterstützten Israel militärisch, Europa warnte vor Energiekrisen – wurde am 24. Juni ein Waffenstillstand verkündet. Doch keine Seite konnte einen klaren Sieg beanspruchen.
Die Region reagierte sofort: Die Hisbollah rief volle Alarmbereitschaft aus, die Huthis feuerten weitere Raketen, irakische Milizen griffen US-Stützpunkte an. Die Energiemärkte schnellten in die Höhe, Europa fürchtete eine Rezession, und die USA standen vor dem Dilemma, Israel beizustehen, ohne in einen neuen Großkonflikt hineingezogen zu werden.
Strategische Sackgasse ohne Ausweg
Der Zwölftagekrieg verdeutlichte das Paradox der Islamischen Republik: Ideologische Starrheit verhindert einen Rückzug, während die Fortsetzung untragbare Kosten verursacht. Das Regime gründet seine Legitimität auf der Feindschaft mit Israel; ein Abweichen würde seine Identität untergraben. Doch das Festhalten daran vertieft Irans Isolation und wirtschaftliche Krise.Drei Szenarien sind denkbar: fortgesetzte, kontrollierte Spannungen durch Stellvertreter; erneute direkte Konfrontation mit regionalen und globalen Folgen; oder innerer Erosionsprozess durch Krise und Proteste. Externe Akteure verkomplizieren dies: Die USA sichern Israels Sicherheit, scheuen jedoch vor einem neuen Krieg zurück; Europa fürchtet ökonomische Folgen; Russland und China schwanken zwischen Nutzen aus westlicher Ablenkung und der Notwendigkeit stabiler Energieflüsse.
Globale Folgen und Lehren für den Westen
Obwohl regional verwurzelt, hat der Iran-Israel-Konflikt weltweite Konsequenzen. Jeder Eskalationsschub lässt Öl- und Gaspreise steigen, unterbricht Lieferketten und gefährdet Seewege wie Bab al-Mandab und den Suezkanal. Europa bleibt besonders verwundbar. Huthis haben bereits Handelsschiffe bedroht. US-Stützpunkte geraten ins Visier, Cyberangriffe bedrohen Energie- und Finanzsysteme. Instabilität erzeugt Migrationswellen, die Europa zusätzlich belasten.Die Lehre: Israels Sicherheit ist untrennbar mit der globalen Sicherheit verbunden. Halbherzige Eindämmung reicht nicht. Nur umfassende Strategien – gezielter Druck, Schutz der Energiekorridore und Cyberresilienz – können das Risiko begrenzen.
Schlussfolgerung: Der unvollendete Pfad des Konflikts
Vier Jahrzehnte Politik haben die Feindschaft gegenüber Israel in das Fundament des iranischen Systems eingewoben. Der Drohnenangriff auf Ramon im September 2025 war nur ein Glied in einer langen Kette. Der Zwölftagekrieg zeigte, dass offene Konfrontation kein Tabu mehr ist. Das Stellvertreter-Netz von Libanon bis Jemen hat die Bedrohungskarte erweitert und sowohl die regionale Stabilität als auch die Weltwirtschaft gefährdet.Die Abschreckung ist fragil. Israel kann tief in den Iran hineinschlagen, während Iran Israels Verteidigung mit massiven Salven überwältigen kann. Solange die gegenwärtige Struktur in Teheran besteht, wird die Feindschaft nicht verschwinden. Die Zukunft führt entweder zu innerer Erosion oder zu einer neuen Explosion. In beiden Fällen reichen die Folgen weit über Teheran und Tel Aviv hinaus. Der Nahe Osten wandelt auf Messers Schneide: Jeder Funke kann ein großes Feuer entfachen.
weitere Informationen: https://www.bobshub.de
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